Viel zu oft schon wurde über das Pro und Contra eines Singlelebens geschrieben. Auch wenn man dieses Thema von allen Seiten betrachtet, darüber diskutiert, recherchiert und prognostiziert, das Ergebnis wird immer nur die Halbwahrheit bleiben. Denn zählt man die Ruheständler, die Paare, die aus beruflichen Gründen einen Zweitwohnsitz angemeldet haben und die Studenten dazu, kommen wir auf einen beträchtlichen Wert. Diese Hochrechnung wird keinen Single darüber hinwegtrösten, wenn er sich verängstig wie eine langschwänzige Katze in einem Raum voller Schaukelstühle fühlt.
Doch bevor er überhaupt den ersten Schritt in die Manege wagt, in der eine zappelnde, piepsende und klappernde Gesellschaft auf ihre Beute wartet, muss er sich erst einmal der Feuertaufe unterziehen. Hat er sie dann bestanden, heißt dass aber noch lange nicht, dass der günstige Zufall die Bedingungen für das Zustandekommen einer Gemeinschaft verbessert, denn je höher der Attraktivitätslevel einer „Eva“ ist, desto mehr verschlechtert sich die Bereitschaft der sogenannten Clique, dieses Bündnis fortzusetzen. Ist der Scanner erst einmal durchgelaufen, und hier scheint sich die breite Masse einig zu sein, wird sie trotz ihres Sachverstandes immer im Schatten sozialer Inkompetenz stehen. Eine Singlefrau ist nun mal auf eine große Prise Wohlwollen angewiesen, da von ihr möglicherweise die Gefahr ausgehen könnte, ihren eigenen Kosmos zu zerstören. Ein „Adam“ wird sich in der sozialen Rangordnung stets oben befinden, auch wenn er als Melli Malle gerade auf dem Weg nach Santiago de Compostela den Sinn des Lebens sucht.
Die existenzielle Formel für das Leben eins realen Singles lautet nämlich: Möglichkeit plus Erfahrung gleich Defätismus. Allein unter Fremden ist keine Backstube, in der man die Zutaten mischen kann und es klingt auch nicht nach Fertiggericht, es ist etwas dazwischen, eine Verwunderung ohne Frühwarnsystem. Und eine Begegnung birgt immer auch ein Risiko, man vertraut, lässt sich ein, öffnet sich, aber mit ungewissem Ausgang. Freilich hat ein Single nicht unbedingt das Ansinnen, sich die Freizeit um die Ohren zu schlagen oder sich mit unangenehmen Zeitgenossen das Essen zu teilen. Zweifellos wünscht er sich angenehme Unterhaltungsszenen, aber nicht unter allen Umständen und schon gar nicht irgendwelche. Und so geht er dann dahin, der emanzipationsgestählte Singlemensch, in innerer Eintracht auf der ausgetretenen Spur, um seine genetische Vergangenheit hinter sich zu lassen. Aber die Stadt macht keine Kompromisse und fürchtet sich nicht davor, ihr dunkles Herz zu zeigen. Unglückliche Umstände und weitere Kostproben, die sich als perfide Angelegenheit darstellen, sind keine Seltenheit. Sitzt man nämlich erst einmal gemütlich an einem Tisch, dann dauert es nicht lange, bis auch der dritte leere Stuhl weggezogen wird und man dann als Gast in seiner blöden Komödie alleine bleibt. Was dann folgt, ist eine lange stille Nacht, in der man zum Himmel Hoffnung blickt. Ein ebenso empfindliches Thema liefern die Wachsfiguren, die zu jeder sich bietenden Gelegenheit und im Dunst des Alkoholnebels im Beisein ihres männlichen Begleiters das Singleleben proklamieren und die Ehe diffamieren. Und manchmal muss man erst eine Ewigkeit mit einer verstörten Praline verhandeln um an den Schnaps zu kommen. Und der nutzloseste Ratschlag, den die Menschheit je erdacht hat, ist der, auf den man gut verzichten kann.
Und irgendwann drängt sich dann die Frage auf, ob man unter diesen Umständen dann doch lieber zu Hause bleibt, weil man geradezu unvollständig und amputiert nach außen wirkt. Und hier entsteht eine Wunde, die nie so richtig ausheilen will.
Des Singles Glück ist nur möglich, wenn man es auch atmen kann, so dass man nicht verkrampft an der Erwartung festhalten muss, sondern auch die Realität des unbesuchten Lebens hinnehmen kann und eine Partnerschaft ist nicht die einzige Methode, die das Leben diktiert, es hängt von der geistigen Haltung ab, die sie oder er im Denken gewinnt. Die Polarität zwischen zwei Gegensätzen zeigt sich in der Kompromissbereitschaft, stillschweigend nachgeben zu können und in ihrer Nächstenliebe und ihrem Bedürfnis, anderen Menschen eine Freude machen zu dürfen. Single oder nicht, beide haben etwas Grundlegendes gemeinsam. Die Suche nach Perfektionismus.
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