Es gab ihn schon immer und es wird ihn auch in Einhundert Jahren geben, den Deppen. Bis heute wurden mehr als achthundert Dinosauriergattungen gefunden, das ist eine Menge Arbeit, diese aufzuspüren. Bei den Menschen ist das einfacher, sie erkennt man auf den ersten Blick, die ganz besondere Gattung Depp. Und die Deppen sind mitten unter uns, auf der Straße, im Geschäft und im Lokal. Ihre Machtkompetenz findet außerhalb des Rudels statt, denn sonst hätte man ihnen schon lange Gewalt angetan. Nehmen wir einmal an, sie werden an einem frühen Morgen wach und ganz leise flüstert Ihnen jemand in das Ohr: Aufstehen, Frühstück… und meistens sind diese Worte nicht als Einladung gemeint, nein es ist eine ernst gemeinte Aufforderung. Wir Frauen müssen einfach besser hinhören, nicht nur zuhören. Und wenn wir auf der dicht befahrenen Straße von einem Vehikel, einem gelben Zweirad, in der 30-iger Zone auf der Überholspur genötigt werden, dann wissen Sie auch warum.
Das vollendete Bild eines Deppen bot sich mir am Samstag zur Marktzeit in Salzburg. Die Freisitze vor den Hagenauerstuben waren bis auf den letzten Platz gut gefüllt. Was dieses Restaurant auszeichnet, ist das Essen und die Drinks, die von qualifiziertem Personal prompt und mit einer Zuvorkommenheit serviert werden. Wenn, ja wenn nur das Wörtchen „wenn“ nicht wär. Menschen sind nun mal so wie sie sind, und das ist zum Teil auch gut so. Mit dem Rücken zur Wand steht keiner gern, wenn er in Bedrängnis gerät und dass Menschen im Restaurant gern Plätze wählen, an denen sie sich von hinten geschützt fühlen und die ihnen zusätzlich gestatten, den umgebenden Raum unter Kontrolle zu haben, steht außer Frage. Freie Tische im Zentrum einer Gaststätte werden auch aus diesem Grund zuletzt besetzt. Außerdem bereitet es uns ein himmlisches Vergnügen, die Reichen und die Schönen genauso zu beobachten, wie den Zulu-König „King good will zwelith ini, mit seiner Ondurage.
Meine Freude stand mir ins Gesicht geschrieben, als ein so begehrter Tisch mir gerade seine Freiheit offenbarte. Ich bestellte einen Spritzer und schaute mich etwas verlegen in der Runde um. Bekannte Gesichter, junge Menschen und Senioren bewarben das Bild in dieser mittäglichen Szene. Und es ist immer wie ein Lottospiel, wer gewinnt und wer verliert. Man hofft ja immer, dass es mit dem Glück so ist, wie in der Tombola „Sie haben den Hauptgewinn.“ Und es dauerte keine Minute, da war er schon, der Hauptgewinn, dieser Depp um die gefühlten Achtzig Jahre. Kam ruhig daher und setzte sich mir gegenüber, zog noch einen weiteren Stuhl vom Nebentisch heran, nahm die Zeitung in die Hand, versteckte sich dahinter und wurde um Stunden nicht wieder gesehen. Der Mann ohne Gesicht ignorierte die Speisenkarte und das kleine Bier. Kein Satz, kein Wort und auch sonst ein großes Schweigen, vielleicht ein Räuspern, als Zeichen, dass er noch lebt. Was sollte ich auch sagen? „Entschuldigung, ich sitze versehentlich an ihrem Tisch und ich mag es nicht, wenn man mir die Zeitung vor die Nase hält?“
Ich zahlte meine Rechnung und verließ grußlos den Verfall der menschlichen Kommunikation. Ich hörte nur noch ein Grummeln und ein Schnaufen. Na, wenn das mal kein ausgewachsener Depp war. Was sonst, etwa ein Dinosaurier?
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